Mit Team und Kamera – Erlebnisse in der Filmklasse

Ein Bericht der Kunststudentin Anastasia Schneider

Er sieht sich im Spiegel an, betrachtet nachdenklich sein Gesicht. Verschwommen sieht man seinen Rücken, den gehobenen Arm mit dem er sich die dunklen Locken aus dem Gesicht streicht und den dunkelrot gemusterten, leuchtenden Pullover, als sonnigen Kontrast zum dunklen Hintergrund.

Nein, das ist kein von mir gemaltes Gemälde. Es ist ein Ausschnitt aus einem kurzen Film. Einem Film, an dem ich mit meiner wunderbaren Filmklasse drehe. Ich habe im Januar schon einmal von meiner großen Freude berichtet, in diesem spannenden Hochschulprojekt mitmachen zu dürfen. Unsere Professorin gibt sich große Mühe mit uns. Sie ist eine engagierte Lehrerin!

Im April ist sie eine ganze Woche mit uns auf das 34. Filmfest in Dresden gegangen. Hier konnten wir Kurzfilme aus aller Welt sehen. Danach erhielten wir von den Filmemachern ganz persönliche Einblicke in ihre Arbeit. Unsere Klasse arbeitet gern und viel im Team. Keiner lässt den anderen hängen. Und wenn mal hier eine Kamera oder dort ein guter Ort zum Drehen fehlt, unterstützen wir uns gegenseitig. Die Erfahrung, dass ein Kunstwerk nicht aus einem selbst heraus, sondern aus der Zusammenarbeit mit vielen kreativen Köpfen entsteht, finde ich sehr wertvoll.

Meinen Kurzfilm drehe ich hauptsächlich mit zwei sehr guten Freund:innen. Eine studiert ebenfalls mit mir Kunst und besucht die Filmklasse. Und dann mein Mitbewohner, der die Hauptperson in meinem Film spielt, ist die zweite Person. Beide setzen sich engagiert für das noch unfertige Kunstwerk ein. Normalerweise hat mein Mitbewohner eine etwas kritische Meinung zur Kunst. Viele Werke, die er bisher betrachtet hat, hat er nicht verstanden. Manchmal nennt er im Museum einige Kunstwerke frech „Deko“ und wir haben dann lange und meistens echt lustige Diskussionen darüber. Doch das Filmdrehen findet er interessant. Beide bringen immer wieder neue und interessante Vorschläge ein, was man noch tun könnte, um das Projekt zu verbessern. Wir waren z.B. auf einem großen, sonnigen Platz mit Pflastersteinen und haben verschiedene Schattenspiele mit unseren eigenen Körpern gefilmt. Mal das Gesicht und die feinen, im Wind wehenden Strukturen der Haare und mal Aufnahmen von unseren Schatten, wie sie mit den Schatten der umliegenden Bäume und Laternen zu Fantasiewesen und geheimnisvollen Gegenständen verschmelzen.

Was genau der Film für eine Botschaft hat? Das fragt ihr euch jetzt sicher. Es geht um den Menschen, der sich mit seinem eigenen Körper aber auch seinem Wesen beschäftigt und sich fragt, wie er in die Gesellschaft passt, darum, dass es wichtig ist Menschen ihre freie Entfaltung zu lassen, sie nicht zu zwingen, so auszusehen wie vielleicht die Familie oder die Schule es wollen. Wir alle kennen den guten alten Gruppenzwang und die Tatsache, dass man manchmal ausgeschlossen wird, da man anders aussieht oder sich anders kleidet als andere. Im Film tauchen viele Schattenspiele auf. Unsere Schatten zeigen uns, wie ähnlich wir alle sind. Wir sind alle Menschen!

Unsere Klasse beim Kaffeetrinken; eine Szene aus meinem Film, während der Bearbeitung.

Mein Krafttier für EUCH

Das Krafttier
Wer Kunst studiert, macht sich viele Gedanken, wie es im späteren Leben weitergeht.

Der Beruf ist unglaublich frei. Man darf sich entfalten, vieles ausprobieren, sich Inspirationen von Natur und Menschen holen und natürlich ist, Künstlerin zu sein, auch oft ein sehr sozialer Beruf. Ich zum Beispiel bevorzuge es, für andere Menschen direkt und persönlich etwas zu malen oder gemeinsam etwas zu erschaffen.

Daher habe ich seitdem ich studiere die Auftragsmalerei für mich entdeckt. Eine sehr interessante Sache. So unterschiedlich wie die Bilder, sind auch die Kunden. Manche von ihnen wollen, dass die Kreativität ihnen eine Überraschung liefert. So z.B. ein älterer Herr, der gern ein Bild von einer mediterranen Landschaft mit zartem blauen Himmel und Orangetönen haben wollte. Das waren dann aber auch schon seine einzigen Bedingungen an das Bild. Eine andere Kundin wollte ihre niedlichen kleinen Enkelkinder portraitiert haben. Da sie als Großmutter natürlich jede kleinste Lachfalte und vor allem auch typische Haltungen und Gesichtsausdrücke ihrer Kleinen kennt, war es eine Herausforderung dies zu realisieren. Die Enkelkinder, ich durfte sie kennenlernen, waren wirklich sehr fröhliche, lebensfrohe kleine Wesen.

Zur Zeit bearbeite ich einen ganz anderen Auftrag. Die Mutter eines Freundes arbeitet als Therapeutin und hat sich gerade den Traum einer eigenen Praxis erfüllt. Sie hat auch ein Auge für Kunst. So hängt schon ein riesiges Landschaftsbild und eine Kopie des berühmten Schokoladenmädchens in ihrem Sprechzimmer. Sie hat die Idee, den Patienten mit der Kunst Mut zu machen und wir haben gemeinsam überlegt, welche Motive dabei helfen könnten. Sie berichtete mir, dass viele Patienten ein bestimmtes Tier hätten, durch welches sie symbolisch wieder Lebensfreude, Energie und Mut schöpfen können. Ein Krafttier.

Das kam mir doch sehr bekannt vor da meine Familie und ich auch immer eine Art Familientier hatten, was uns daran erinnern sollte, dass wir zusammengehören. Und egal wo wir sind gegenseitig unterstützen und Kraft geben. In unserem Fall war das ein Adler.

Einmal, in meinem Urlaub auf Kreta habe ich einen mächtigen Adler gesehen, der über ein Tal segelte während die Sonne langsam unterging. Das war am Ende einer Wanderung durch die Natur und auf der Fahrt über eine kurvige kleine Bergstraße. Das kraftvolle Tier welches mühelos über die Weiten der Landschaft segelte, war ein wunderbares und aufbauendes Bild.

Das hier ist mein Adler für die neue Praxis und für euch:

Denkt immer daran, dass ihr wunderbare und starke Menschen seid, die wie Adler erhaben über ihren vielleicht schwierigen Situationen und Erlebnissen schweben, mit dem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft.

Ausflug in das Elbsandsteingebirge

Die klirrende Kälte ist nun endlich Vergangenheit und dem lauen, freundlichen Wetter des Frühlings wird Platz gemacht.

Die Natur ruft, Fahrradfahren und Wandern sind wieder möglich und auch das schöne Elbsandsteingebirge in der Nähe von Dresden erstrahlt in der warmen Maisonne. Das Elbsandsteingebirge ist europaweit für seine vielfältigen Wander- und Kletterrouten bekannt.

Meine Mitbewohnerin Ulli klettert schon seit sie ein Kind ist. Mit ihrer Familie unternahm sie schon oft Ausflüge in das Gebirge und dieses Mal nahm sie ihre Mitbewohner mit. Wir fuhren mit einem viel zu vollen und etwas holprigen Zug Richtung Bad Schandau. Hier beginnt das Wandergebiet, welches wir uns ausgesucht hatten. Das Wetter war schön, nur nachts würde es etwas kalt werden.

Wir hatten nicht vor in einer Jugendherberge zu schlafen. Spät am Nachmittag kletterten wir eine holzige, von Laub bedeckte Leiter hinauf in eine Boove. Eine Boove ist eine Felsenhöhle, in der man übernachten darf. Diese sind sehr beliebt bei Kletterern und Wanderern. In diese Höhlen regnet es nicht rein, da sie tief in den Fels eingeschnitten sind. Ulli hatte ihren kleinen Kocher mit und heißhungrig verschlangen wir die Suppe. Waren wir doch den ganzen Tag gewandert. Ebenfalls hatte Ulli an ihre Ukulele gedacht, eine Art Gitarre und spielte und sang uns dabei vor. Zwei dicke Schlafsäcke und mehrere Jacken reichten aus, um uns in der Nacht warm zu halten.

Als ich nachts aufwachte, sah ich die Sterne an dem klaren, dunklen Himmel ohne Lichtverschmutzung und ohne nervige Geräusche der Großstadt. Ich hörte nur das Rauschen der Nadelbäume im Wind.

Am nächsten Tag sind wir noch die Zwillingsstiege geklettert. Diesen kann man auch ohne Sicherung begehen. Wir sahen die Affensteine, zwei turmförmige, nebeneinanderstehende Felsen.

Danach bin ich allein einen anderen Weg gegangen, hatte aber etwas Pech und habe mich verlaufen. Ich glaube der „Weg“ den ich wieder zum Flussufer hinuntergeklettert bin, war nicht wirklich ein Weg. Dafür musste ich durch ein bisschen zu viel Gestrüpp kriechen und sah danach sicher auch aus wie ein Nadelbaum.

Unser Ausflug war dennoch ein voller Erfolg. Viele Künstler holen sich ihre Inspiration aus der Natur. So auch ich.

Ganz zeitig im Frühjahr

Ein kleines Gedicht
Erste Winterlinge durchbrechen die kalte Erde,
langsam scheint die Schneedecke dünner zu werden.
Blassgelb ziehen einzelne Strahlen vom Himmel herab
durch die schweren Wolken, die den erlösenden Regen bringen.
Kinder singen mit ihren bunten Gummistiefeln
im Matsch der großen Pfützen.
Für sie sind die Pfützen ein tiefer, geheimnisvoller See.
Die alten Herbstblätter darin Boote von Nebelfeen.
Sie ziehen über die Lande am zeitigen Morgen.
Weiß und durchsichtig über die Felder und Wiesen,
auf denen sie tanzen.
Vertreiben den Winter mit seiner Kälte,
der leise und heimlich in die Erde zurückkehrt
und dort als Frost nur noch kurz verweilt.

Doch bald haben ihn die Sonnenstrahlen in Pfützen und Bäche aufgelöst.

Erlebnisse mit Max

Alle lieben Hunde! Sie sind flauschig, intelligent und oft treue Begleiter. Früher als ich noch ein Kind war, wollte ich auch immer einen haben. Am liebsten einen Golden Retriever. Dieser Wunsch hat sich dann leider doch nicht erfüllt. Ich habe zwei süße Katzen bekommen. Dafür hat meine Großmutter einen kleinen Hund, den ich manchmal beim Spazieren gehen begleite. Soweit so gut.

Meine Mitbewohner und ich dürfen in Dresden in der Wohnung leider keine Haustiere halten. Die Vermietung möchte keine Hunde und Katzen im Haus. Doch seit ungefähr einer Woche haben wir trotzdem einen kleinen vierbeinigen Gefährten bekommen. Den kleinen weiß-braun gescheckten Hund Max. Seine Geschichte ist sehr spannend und daher auf jeden Fall erzählenswert.

Wie alles begann:
Vor einigen Wochen lernte mein Mitbewohner Maurice im Bus eine ältere Dame kennen. Sie sprach ihn an und sagte, sie wäre Autorin und hat schon zwei Bücher geschrieben. Bei sich hatte sie den liebenswerten und süßen Hund Max. Da sie verwirrt und etwas neben sich erschien, erzählte uns Maurice am Abend von seiner Begegnung und wir beschlossen, sie einmal zu besuchen. Ihre Wohnung war ganz schön chaotisch, aber auch sehr künstlerisch! Sie kann wirklich unglaublich gut malen, ihre Bilder begeisterten mich. Auch um ihren Hund kümmerte sie sich liebevoll. Sie erzählte uns, dass er manchmal zu ihr sprechen würde. Schnell wurde meinen Mitbewohnern und mir klar, dass sie dieses Tier wirklich sehr liebt. Egal, wie durcheinander sie ist, Max wird nie vergessen. Heike ist eine energische Frau, etwas stur und zugleich muss man sie deshalb einfach mögen. Manchmal kommt sie auf lustige Ideen. Ihrem Nachbarn, der zu viel trinkt, hat sie zum Beispiel Kaffeesahne in sein Bier gekippt um es ungenießbar zu machen. So wollte sie ihn eben davon abhalten, sich zu betrinken. Leider sind wir nicht die einzigen Leute, die etwas von ihrer Verwirrtheit mitbekommen. Es gibt Menschen, die nicht nett reagieren. Genau wie die strenge Dame vom Veterinäramt, die eines Tages vor Heikes Tür stand und ihr ohne Vorwarnung ihren geliebten Max wegnahm.

Dies ist nun eine lange Geschichte, die ich hier gar nicht weiter ausführen möchte, da sie uns allen viel Mühe bereitet hat. Die Wegnahme des Hundes war nämlich illegal und wir haben Heike gemeinsam mit einem älteren Ehepaar geholfen vor Gericht zu klagen.

Jetzt ist ihr geliebter Max wieder da. Wir haben uns bereit erklärt, regelmäßig mit Heike und ihrem Hund Gassi zu gehen. Allein schafft sie es nicht immer. Das Lächeln als sie ihren Hund wieder in die Arm schließen konnte, bleibt unvergesslich! Dieses Tier strahlt so unglaublich viel Liebe aus und ich freue mich schon auf heute Abend. Da sehe ich Max wieder. Als er nach dem Aufenthalt im Tierheim die Natur erkunden durfte, sprang er total aufgedreht und fröhlich durchs Laub!

Wirklich ein süßes Kerlchen, oder?

Etwas neues ausprobieren

Trotz der Kälte und viel Wind gehe ich heute nach draußen. Im Gepäck habe ich meine Kamera, also das Handy und eine neue Idee. Auf der Suche nach Angeboten an meiner Hochschule, die etwas mit Gemeinschaftsarbeit zu tun haben, bin ich auf einen Film-Workshop gestoßen. Hier kann man lernen mit Kamera und Videoschnitt umzugehen. Und das eben nicht allein, wie es sonst bei vielen Hochschul-Angeboten üblich ist. Sondern in einer aktiven Gruppe, deren Mitglieder sich gegenseitig bei ihren Projekten unterstützen und helfen. Das finde ich einen sehr schönen Gedanken. Denn zum Drehen von Filmen und zum Fotografieren braucht man oft mehrere Personen. Manchmal kam mir mein Studium schon etwas einsam vor, da ich irgendwie oft allein in meinem Atelier gearbeitet habe um mich selbst zu finden. Mein Studium nenne ich schon scherzhaft „Meditationskurs mit Diplomabschluss“. Mit anderen Künstlern und Künstlerinnen zusammen zu arbeiten vermisse ich dabei schon etwas. Nun bin ich total gespannt auf das neue Projekt. Vor allem wie es ist, in einer echten Künstler-Gruppe zusammenzuarbeiten.

Hier zeige ich euch ein paar selbst gemachte Fotos in Dresdens Natur:

Nachdenkliches über den Herbst

Herbstgedicht
Die Blätter fallen, als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
Aus allen Sternen in die Einsamkeit. Wir alle fallen.
Diese Hand da fällt. Doch ist da Einer,
der dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.

Diese Zeilen sind ein Auszug aus einem nachdenklichen Gedicht des Poeten Rainer Maria Rilke. Er sinnt viel über den Herbst nach. Diese kalte Jahreszeit, in der alles dunkel und matschig zu werden scheint und die vielen Menschen zu schaffen macht; -Älteren Menschen, die jetzt vielleicht allein sind, oder Kindern, die im Dunkeln von der Schule zurück nach Hause laufen müssen.

Doch der Herbst ist schon lange meine Lieblings-Jahreszeit. Früher, als ich noch ein Kind war, bin ich immer lange mit meinem Vater in unserem kleinen Park spazieren gegangen. Das Knacken der heruntergefallenen Blätter unter meinen Füßen und der Geruch von frischem Regen sind mir noch heute in Erinnerung. Am Ende dieser kleinen Ausflüge warfen wir uns dann meistens in die Laubhaufen, die die Parkwärter am Wiesenrand zusammengekehrt hatten. Jetzt, wenn ich auf der Straße wieder die alljährliche, langweilige Parade aus grauen und schwarzen Winterjacken sehe, erinnere ich mich daran. Und während es draußen schon um 17 Uhr dämmert, leuchtet das Licht warm in mir weiter.

Einige denken im Herbst an Grippewelle und andere Infektionskrankheiten, verzweifeln an der Dunkelheit. Andere träumen allerdings auch vom Sommer. Vom Licht und einer besseren Zeit. Keiner will hier sein, so scheint es mir manchmal. Mein Vater ist in Gedanken auf Kreta und zieht den Kragen seiner Jacke fröstelnd höher und auch ich säße jetzt lieber mit anderen Kunststudenten auf der Wiese vor unserer Hochschule. Doch ich weiß, dass das eben gerade nicht möglich ist. Dann denke ich daran, dass ich Glück habe, nicht einsam zu sein. Nicht irgendwo in der Kälte zu liegen und zu frieren, wie der Obdachlose in seinem Schlafsack, den ich im letzten Winter in einer Ruine liegen sah, mitten in der Stadt, in der andere im Restaurant Prosecco trinken. Ich habe das Privileg, aus einem Fenster hinausschauen zu dürfen, nicht in der Kälte stehen zu müssen und die hell erleuchteten, gemütlichen Wohnungen von außen zu sehen. Unsere Familie geht regelmäßig zum Gottesdienst. Dieser findet in diesem Herbst aber nicht statt. In unserer Gemeinde sind viele ältere, teilweise auch alleinstehende Menschen, für die das eine absolut schlimme Situation ist.

Die Gemeinschaft mit anderen war das, was diesen Menschen in ihrem Leben noch Halt gegeben hat und nun fällt das einfach so weg. Mein Vater hatte eine Idee. Um den älteren Menschen unserer Gemeinde zu zeigen, dass wir an sie denken und sie nicht vergessen haben, hat er aus Holz mehrere schöne Herzen geschnitzt, die wir unseren Gemeinde-Mitgliedern schenken möchten. Gestern standen wir in der Werkstatt, haben die Herzen geschliffen und bemalt.

Von ganzem Herzen wünsche ich euch, dass ihr nicht allein seid, weder im Herbst noch sonst irgendwann! Bitte denkt an die Menschen in eurem Leben und um euch herum, verschließt nicht die Augen vor Einsamkeit und Not, denn der Herbst kann auch eine Zeit der Nähe und der Begegnungen sein.

Eine Lithurgraphie

Ufff… Erschöpft lehne ich mich zurück und schaue auf die beiden Steine, die vor mir auf dem Arbeitstisch liegen. Blank geschliffen und nass glänzend. Moment; Steine schleifen im Kunststudium – klingt ja nicht so entspannt und spaßig wie das Studium in meinem letzten kleinen Bericht beschrieben wurde, oder?

Die Steine sind der Anfang. Der Anfang eines langen Prozesses, Lithographie genannt. Ein spezielles und sehr altes Druckverfahren, bei dem mit Kreide oder Tusche auf einen besonders fettigen Stein gezeichnet wird, meist aus Steinbrüchen im zünftigen Bayern gewonnen. Der Stein wird danach ganz gründlich und vorsichtig mit verschiedenen Substanzen behandelt, bis ein richtiges Fettbild darauf entsteht. Streicht man dieses dann mit Druckfarbe ein, kommt die Zeichnung wieder zum Vorschein, die vorher durch die zahlreichen Substanzen zum farblosen Fettbild wurde. Eine große Presse tut dann ihr Bestes, um einen schönen Druck zu Papier zu bringen.

Ein Haufen Arbeit, wirklich! Besonders das Schleifen der schon ordentlich schweren Steine!

Da lehne ich jetzt erschöpft an meiner Werkbank und merke, dass nicht jedes Kunstwerk sich innerhalb von zwei Tagen malen lässt. Ich bin sonst oft eine sehr schnelle Zeichnerin schnell oder eher ungeduldig? – das frage ich mich in diesem Moment. Es ist spannend zu erleben, wie so ein Druckprozess abläuft, wie viel Mühe, Zeit und Energie das Erschaffen einer kleinen Zeichnung braucht. Umso mehr freute ich mich, als ich am Freitag endlich das Ergebnis in den Händen halten durfte, einen frech lächelnden kleinen Jungen mit großen, glänzenden Augen.

Es ist doch eine super Motivation, sich lange mit etwas zu beschäftigen, anstatt es nach ein paar schönen Minuten wieder zu vergessen und sich einer anderen Sache zuzuwenden. Man lernt dabei so viel Tieferes über diese eine, interessante Sache. Sie brennt sich ins Gedächtnis. Das gilt nicht nur für künstlerische Tätigkeiten, auch für die Zeit, die man sich nimmt, um zum Beispiel einen guten Freund oder eine gute Freundin zu treffen. Ein langes Gespräch, ein Sich-Zeit-Nehmen und geduldig und gerne zuhören schafft diese wundervollen Erinnerungen, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn wir die Augen schließen und die Gedanken an das Vergangene wieder an uns vorbeiziehen lassen.

Sei verträumt und mutig

Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben!
Eleanor Roosevelt

Eine sehr optimistische Perspektive, an deine Träume zu glauben, so als könnten sie irgendwann in deiner Zukunft einmal Teil deines wirklichen Lebens werden! ZU positiv gedacht in einer Welt, in der Kinder sich oft von ihren Eltern oder anderen Erwachsenen den Satz „Hör doch Mal auf zu träumen und konzentriere dich auf das Wesentliche!“ anhören dürfen. Das Wesentliche sind dann meistens irgendwelche mäßig interessanten Haushaltsarbeiten oder Schulaufgaben. Da musste ich auch durch, doch trotz all dem habe ich schon ab einem sehr frühen Alter deutlich gemacht, dass ich einen Traum habe, mit dem ich nicht abschließen werde um mich wichtigen Dingen zu widmen. Einen Traum, der mich begleitet hat, seit ich durch Zufall den ersten Stift in der Hand hielt und die ersten wackeligen Striche auf einem Blatt Papier zu zeichnen begann!

Die Kunst; hauptsächlich Thema dieses Blogs und mittlerweile auch ein riesiger Bestandteil meines eigenen Lebens. Mit meinen 20 Jahren darf ich an einer Kunsthochschule in Dresden studieren und fange dort gerade überglücklich mein zweites Jahr an!

Gemalt wurde praktisch überall:

Im Garten, bei langweiligen Kaffeetrinken mit den Großeltern, im Kindergarten und später auch in der Schule (die Lehrer sagten schon gar nichts mehr, da es keinen Sinn machte, mich zu stoppen). Nicht nur auf Papier, auch auf der Straße und auf Holz. Meine erste Zimmertapete musste auch daran glauben!

Kinderbilder sind oft bunt und chaotisch, doch man sollte sie wertschätzen, sie sind wunderbar und einzigartig! Tut man dies nicht und wirft sie weg, hört das Kind vielleicht auf zu malen. Meine Eltern haben sie alle aufgehoben. Einige hängen immer noch im Treppenhaus, was mir manchmal etwas peinlich ist, aber irgendwie auch eine Erinnerung eine lange Reise der Kreativität und Entfaltung.

Als ich langsam erwachsen wurde, kam die Berufsberatung in der Schule dazu. Polizei, Armee, Medizinstudium … Alles irgendwie nichts für mich. Lehrer? Zu theoretisch. Nach dieser langen Schulzeit konnte ich fantasielose Sachbücher und Theorien nicht mehr sehen! Ich wollte endlich wieder atmen können. Leben können. Mit der Kunst, die eine ganze Zeit lang zu kurz gekommen war. Ich hatte Angst vor dem Studieren, denn dann würde ich ja noch weniger Zeit für mein geliebtes Hobby haben!

„Regel Nummer 1: Mache dein Hobby nie zum Beruf“ hieß es in der Berufsberatung.

Tja, ich überhöre Ratschläge gelegentlich. Manche Regeln sind zum Brechen da und dies ist definitiv eine davon! Meine Eltern haben mich ermutigt, Kunst zu studieren. Und nichts Anderes was mir gar nicht liegt. Fast hätte ich meinen Traum aufgegeben, weil die Vernunft- die gesellschaftliche Norm- die Kunst als brotlose Arbeit bezeichnet. Also dafür hatte ich heute ein wirklich gutes Käsebrot zum Frühstück!

Es wird Zeit, dass wir auf unser Herz hören und wieder beginnen unseren Träumen zu folgen.

Egal, wer sich dir in den Weg stellt oder welche Träume du hast, sei es der Traum vom Fallschirm Springen, von einem Leben als Aussteiger in der Südsee oder der Traum, eines Tages eine eigene kleine Familie zu gründen. Lass dich nicht unterkriegen! Das möchte ich dir für diese Woche mit auf deinen Weg geben. Sei verträumt und mutig!

Deine Anni

Dank und Liebe sind die großen Mächte der Welt

Heute habe ich meinen Bafög-Antrag endlich bekommen. Die Summe ist relativ gut, jedoch droht man mir gleich am Anfang damit, dass ein Teil des Geldes auch wieder zurückgefordert werden kann, unabhängig von dem Beitrag, den ich am Ende meines Studiums zurückgeben muss. Die netten Damen und Herren vom Bafög-Amt verstehen nicht, dass meine Familie nicht so viel Geld für mich ausgeben kann, da wir dann auf vieles anderes verzichten müssten. Eigentlich wollte ich entspannt studieren und nicht immer Angst haben müssen, plötzlich wenig Geld zu haben. Manchmal, wenn ich mich und mein Leben dann mit wohlhabenden Freundinnen und Freunden vergleiche, werde ich ganz schnell sehr undankbar und traurig.

Ich sehe dann nur, was ich alles nicht habe. Ich kann nicht im teuren Biomarkt einkaufen gehen, neue Winterstiefel sind zu teuer, Reisen ist erst einmal von meiner To-Do Liste gestrichen, und so weiter. Als ich dann in meinem Zimmer saß, merkte ich plötzlich, dass dieses Fehlen einiger Dinge nicht alles ist!

Was fehlt mir denn? Ich habe eine liebevolle Familie, die meine Kunst liebt und mich unterstützt. Ich habe gute Freunde, die mich auch durch schwere Zeiten tragen und mich so akzeptieren, wie ich bin. Viele Bekannte schenken uns auch schöne Sachen, die manchmal besser aussehen als so manch ein neu gekauftes Kleidungsstück! Und in der Uni gibt es so viele Menschen, denen es genauso geht wie mir. Ich bin nicht allein!

Eigentlich ist Reichtum relativ. Ich bin auch reich; reich an lieben Menschen, schönen Erinnerungen und ganz wichtig: aus mir sprudeln förmlich die kreativen Ideen und dann sind da so manche einem kleine Wunder: Zum Beispiel sind bei mir innerhalb von drei Monaten drei richtig coole Mitbewohner in die vorher leere Wohnung gezogen, in der ich mich manchmal allein gefühlt habe.

Auch wenn ich das Klischee eines Dauer-Pleite-Studenten gut erfülle, werde ich an meine Studienzeit fröhlich und sehnsüchtig zurückdenken, an die Menschen, die dort Freunde und Wegbegleiter für mich wurden und an die vielen interessanten Vorlesungen.

Manchmal will ich gar nicht reich sein. Das macht mich weder glücklich noch zu einem besseren Menschen. Und ob meine Winterstiefel ein paar Flecken haben und nicht mehr in Mode sind, ist mir wirklich egal, wenn ich lachend mit meiner Familie durch die Natur wandere.